Bericht zur lockdown capitalism Demo am 27.02.2021

Frontblock der lockdown capitalism Demo für die Einführung einer sofortigen Vermögenssteuer in der Kaiserstraße. Auf den zwei Fronttranspis steht: "Das regelt der Markt nicht!" und "Make the rich pay for COVID-19 - lockdown capitalism"

Quelle: Schwarzlicht Würzburg

Am 27.02 fand in Würzburg die 6. lockdown capitalism Demonstration „Make the rich pay for COVID-19 – für ein sofortiges Einführen einer Vermögenssteuer!“ statt, zu der wir ebenfalls aufgerufen haben. Wir veröffentlichen hier einen Bericht der Genoss:innen von Schwarzlicht Würzburg:

„Make the rich pay!“ – 6. Lockdown Capitalism-Demo in Würzburg

Seit Mitte Januar protestieren wöchentlich größtenteils junge Menschen gegen die verkorkste Corona-Politik. Am Samstag mobilisierte Fridays for Future Würzburg kurzfristig zu einer Demonstration, die sich für die Einführung einer Vermögenssteuer einsetzt.

Bei schönem Wetter versammelten sich zunächst etwa 50 Menschen am Hauptbahnhof. Selbstverständlich hielten sich die Protestierenden an die geltenden Abstände und trugen FFP2-Masken. „Vor dem Virus sind alle gleich – Das ist der größte Bullshit, den ich im letzten Jahr viel zu oft hören musste“, begann die Auftaktrednerin. Während die Ärmsten weiterabgehängt werden, hätten Milliardäre trotz Pandemie Profit gemacht und ihr Kapital trotz Pandemie im Coronajahr 2020 um 10% vergrößert.

Die Pandemie habe nur deutlich gemacht was schon immer der Fall war. Als Beispiel führte die Rednerin eine Pflegekraft in Deutschland an, die über 156 Jahre arbeiten müsste, um das Jahresgehalt eines CEO zu verdienen. Sie forderte ein System, das die Wirtschaft in den Dienst der Gesellschaft stellt. Die Marktmacht der Konzerne müssen begrenzt werden und es bräuchte eine gerechte Steuerpolitik. Die Klimaaktivistin machte einen praktischen Vorschlag: „Wir können die Debatte auch auf den Klimawandel ziehen. Auch da wäre eine Vermögenssteuer wichtig. Wer wenig Geld hat, kann es sich nun mal nicht leisten ein E-Auto zu fahren, sich nicht das Billigfleisch zu kaufen oder teuren öko-Strom zu beziehen. Würden wir Gelder einer Vermögenssteuer dafür beziehen erneuerbare Energien zu subventionieren, stünden diese günstiger für alle zu Verfügung. Würden wir Gelder einer Vermögenssteuer dafür beziehen, öffentliche Verkehrsmittel auszubauen und kostenlos zu machen, würde einer Verkehrswende nichts mehr im Wege stehen“. Zum Schluss forderte sie mit Geldern der Steuer „alle Krisen sozial und gerecht zu bekämpfen“. Die Demo lief über die Kaiserstraße und Theaterstraße und zog durch die lauten Sprechchöre die ganze Aufmerksamkeit der vielen Spaziergänger:innen auf sich. In der Theaterstraße riefen die Demonstrierenden: „Nicklas Bruder Nazischwein – Lass das tätowieren sein!“ Bruder war im vergangenen Jahr von Leipzig nach Würzburg gezogen und hatte in der Eichhornstraße einen Tattooladen eröffnet. Bruder wurde verurteilt, da er zusammen mit hunderten Nazis im linken Leipziger Stadtteil Connewitz migrantische Läden & linke Projekte angegriffen hatte. Dies führte zu großen Protesten bei der Eröffnung seines Tattoostudios. Als die Demo am rechten Tattoostudio vorbeizog freuten sich die Protestierenden über den geschlossenen Laden. Die Ladenschilder sind abmontiert. Unter lauten „Impfstoff für alle und zwar weltweit!“ und „Masken für alle“-Rufen lief die Demo hinter einem „Make the rich pay“-Banner durch Juliuspromenade und Schönbornstraße. Die Polizei fuhr voraus und kurioserweise bog sie an der unteren Juliuspromenade in die Karmelitenstraße ein. Die Demoroute war aber über den Mainkai genehmigt worden. So musste der Polizeibus wenden, ehe die Demo weiterlaufen konnte.

Am Mainkai erreichte man die volle Aufmerksamkeit der Würzburger:innen, die zu hunderten dort verweilten. Die Demo wuchs auf 75 Menschen an und lief über Domstraße, Kürschnerhof und Oberer Markt zum Abschlussort am Unteren Markt. Dort angekommen folgte die nächste Rede. Der Redner thematisierte die Umverteilung von Kapital von Unten nach Oben, die während Corona eskaliert. Weiter kritisierte er den immer noch vorhandenen Pflegemangel und nannte ein Beispiel, wie schwierig ist mittlerweile ist für Menschen in der Pflege bei Krankheit zuhause zu bleiben: „Als ich Coronapositiv getestet wurde habe ich kurz davor mit einem befreundeten Pfleger gechillt doch trotz unseres engen Kontaktes, musste er am nächsten Tag aufgrund des Personalmangels arbeiten!“

Zudem thematisierte er das hohe Infektionsrisiko unter Erzieher:innen, Kassierer:innen, Fabrikarbeiter:innen und Lehrer:innen. Der Gesundheitsschutz sei in diesen Berufen nicht gewährleistet und Erzieher:innen, die als Berufsgruppe am häufigsten an Corona erkrankten, dürften häufig keine Maske tragen und erhielten „viel zu wenig Geld für ihre Arbeit!“ Er kritisierte, dass „dem Polier auf dem Bau knapp die Hälfte seines Lohnes abgezogen wird, während Großvermieter:innen ihre Mieteinnahmen nur mit 25% versteuern müssen“. Weiterhin wies er darauf hin, dass Obdachlose in Deutschland erfrieren, während Hotels leer stehen, dass gefl. Menschen in großen zentralen Lagern untergebracht werden, dass Arbeitslose erst aufgr. einer Klage Geld für FFP2-Masken erhielten & dass Geld für Frauenhäuser fehle. Die Abschlussrednerin thematisierte die Stromausfälle in Texas als Beispiel für eine Krise, die kapitalistische Politik auslöse. Das privatisierte Stromnetz in Texas diene nicht mehr den Menschen. Deswegen sei am Ausbau und an der Sicherheit der Stromversorgung gespart worden. Leidtragende seien die Menschen, die hohen Stromrechnungen bei schlechter Qualität ausgesetzt seien. „Der Klimawandel fordert von uns, unsere gesamte Art zu leben, unsere gesamte Gesellschaft und Wirtschaft völlig umzubauen“, so die Rednerin und fragte, ob man einem System vertrauen sollte, dass den Profit einiger weniger über das Leben von Millionen stellt. Es mache keinen Sinn, darauf zu warten, dass diejenigen die vom Kapitalismus profitierten, „uns retten“. Ihre Interessen unterscheideten sich fundamental von „den unseren“. Diejenigen die unter dem System leiden müssten sich zusammenschließen. „Es wird Zeit, dass die Mehrheit der Bevölkerung sich ihrem Stand in der Gesellschaft bewusst wird und beginnen, für ihre tatsächlichen Interessen einzustehen. Wir müssen lernen, Freund und Feind in diesem perfiden Monopoly-Spiel zu erkennen. Deshalb brauchen wir einen neuen Klassenkampf und da kann eine Vermögenssteuer nur ein Anfang sein“, forderte die Rednerin von FFF zum Abschluss. Am 06.03. wird es keine LockdownCapitalism-Demonstration geben, da am 08. März der Frauenkampftag stattfindet, der in Würzburg mit einer queeren Großdemo begangen werden soll. Am 13.03. planen Aktivist:innen unter dem Motto Lockdown Capitalism eine Demo gegen die teuren Mieten in Würzburg und am 18.03. ist die Demonstration zum Tag der politischen Gefangenen angemeldet.

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