Unsere Rede auf der Gegen Corona und Kapitalismus Demo am 30.01.2021

Auf dem Bild sieht man den Frontblock der Demo "Gegen Corona und Kapitalismus" am 30.01.2021. Auf dem Fronttransi steht: "lockdown capitalism". Auserdem sieht man ein Hochtranspi der Gruppe Klein-Nizza mit dem Text: "Gesundheitswesen vergesellschaften. Keine Profite mit der Gesundheit! Gebt die Impfpatente frei!". Auf einem zweiten Hochtranspie steht: "make the rich pay"

Quelle: Schwarzlicht Würzburg

Wir haben auf der heutigen Demo „Gegen Corona und Kapitalismus“ in Würzburg einen Redebeitrag zur Impfstoffproduktion und globalen Verteilung im Kontext von kapitalistischer Marktlogik gehalten, den wir hier veröffentlichen wollen:

Die EU und die deutsche Politik zeigen mit ihren Impfkampangen momentan mal wieder ihre Unfähigkeit. Sie kuschen vor den Impfstoffherstellern und sind nicht in der Lage, eine ausreichende Aufklärungskampange über die Impfstoffe gegen Corona umzusetzten. Doch darum soll es heute nicht gehen. Obwohl die Impfstoffversorgung hierzulande kathastrophal ist, ist Deutschland trotz allem Teil der 5 reichsten Industrienationen, die sich den Großteil des am Markt verfügbaren und in zukunft produzierten Impstoffs gesichert haben. Global betrachtet ist die Situation noch weitaus schlimmer. Für ärmere Nationen beudeutet dies, das eine ausreichende Versorgung mit Impfstoff zumindest mittelfristig unmöglich sein wird.
Obwohl bereits mehrere Impfstoffe erfolgreich zugelassen sind läuft die Produktion dieser Impfstoffe alles andere als auf Hochtouren. Das so viele wahrscheinlich noch lange auf eine Impfmöglichkeit warten müssen, hat einen klaren Grund: Patentrechte und die im Kapitalismus allgegenwärtige Privilegierung von Privateigentum gegenüber öffentlichem Interesse.
In Deutschland und der gesamten EU stehen viele Kapazitäten zur Impfmittelproduktion still. Der Pharmariese Bayer hat beispielsweise einen Kooperationsvertrag mit dem Tübinger Unternehmen CureVac abgeschlossen, in welchem geregelt ist, dass der von CureVac entwickelte Impfstoff von Bayer produziert werden soll. Bis dieser Impfstoff nun allerdings fertig entwickelt und zugelassen ist, vielleicht im Sommer, vielleicht auch später, stehen die Produktionskapazitäten still, obwohl es mehrere fertig entwickelte Impfstoffe gibt, die dort produziert werden könnten. Beispiele wie diese gibt es leider viele. Besonders der Impfstoff von Astra-Zeneca wäre weltweit verhältnismäßig einfach zu produzieren, da er ein konventioneller Impfstoff ist, der nicht auf mRNA-Technologie basiert, pro Dosis nur 3 – 4$ kostet, leichter zu lagern und länger haltbar ist.
Trotzdem sind wir weiter davon abhängig, wie viel Impfstoff die Hersteller selbst produzieren oder produzieren lassen, anstatt alle verfügbaren Produktionskapazitäten zu nutzen. Damit muss sofort Schluss sein! Die Patentrechte müssen sofort ausgesetzt werden, damit alle möglichen Produktionskapazitäten sofort unter öffentlicher Hand in Betrieb genommen werden können, weltweit! Gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass auch in ärmeren Ländern die Vorraussetzungen geschaffen werden, um die in Herstellung und Lagerung aufwendigeren mRNA-Impfstoffe zugänglich zu machen.
Das dies im Moment nicht passiert, liegt an der Tatsache, dass Produktion im Kapitalismus eben nicht der Befriedigung von notwendigen Bedürfnissen dient, sondern dass die Unternehmen so handeln, dass für sie der meiste Profit erwirtschaftet wird.
Besonders absurd ist hierbei, dass die Entwicklung der Impfstoffe massiv mit öffentlichen Geldern gefördert und unterstützt wurde. Allein Deutschland hat eine Milliarde Euro investiert. Zusätzlich findet ein Großteil der Grundlagenforschung, mit deren Hilfe pharmazeutisch geforscht wird, an von öffentlicher Hand finanzierten Forschungsstätten wie Universitäten statt. Nach dem kapitalistischen Prinzip „Gewinne privatisieren, Verluste vergesellschaften“ bleibt nun auch der Gewinn aus der maßgeblich mit öffentlichen Geldern finanzierten Impfstoffentwicklung privat. Alleine Pfizer hat bis jetzt knapp eine Milliarde Euro mit seinem Impfstoff verdient, 2021 sollen noch 19 weitere Milliarden hinzukommen.
Es kann nicht sein, dass im Angesicht einer globalen tödlichen Pandemie Geld zur Impfstoffentwicklung in Privatunternehmen investiert wird, ohne die Verpflichtung zur Patentfreiheit, und diese damit enorme Profite generieren.
Es kann nicht sein, dass es sich diese Pharmaunternehmen dann auch noch erlauben können, weniger Impfdosen auszuliefern, weil aus den Fläschen neuerdings bis zu 6 statt 5 Impfdosen entnommen werden sollen.
Es kann nicht sein, dass u.a. die EU, Großbritannien und die USA einen Antrag von über 100 Staaten bei der WTO immer wieder blockieren, der eine Vor-Ort Produktion von Coronaimpstoff-Generika ermöglichen würde.
Es kann nicht sein, dass ein impfbasierter Schutz vor dem Coronavirus an den Reichtum des Staates geknüpft ist, in dem man lebt.
Die Forderungen nach gerechter globaler Impfstoffverteilung aus der Vergangenheit spiegeln sich nicht in den Handlungen der politisch verantwortlichen wieder.
Denn die Welt befindet sich in einem globalen Verteilungskampf, untereinander und mit den Herstellern der Impfstoffe, den die reichsten Länder gewinnen. Wir fordern, diesen zu beenden. Jede:r Mensch auf dieser Welt, egal auf welchem Kontinent er lebt, muss Zugang zum bisher effektivsten Schutz gegen den Virus haben! Weil jedes Menschenleben schützenswert ist!
Wir fordern: gebt die Impfstoffpatente frei, weltweit!
Wir fordern: Beendet die Unterwerfung des Gesundheitswesens unter die Marktlogik des Kapitalismus!
Wir fordern: Vergesellschaftet das Gesundheitswesen! Fangt mit den Produktionsstätten der Impfstoffe an!
Hoch die internationale Solidarität!

Ein ausführlicher Bericht der Genoss:innen von Schwarzlicht Würzburg findet ihr hier:
https://schwarzlicht.org/p/twitter/2021-02-01-1356307128626143232.html